Von der Autobahn ins Atelier: Ein Lebensweg voller Kontraste
Authentische Farbwelten zwischen Nordsee-Dünen und leuchtendem Acryl
Wenn Farben atmen
Wer das neue Atelier von Angelika Schmidt in Wettringen betritt, hört zuerst das Rascheln der Pastellkreide auf Papier. Dann leuchten Acrylschichten in vibrierenden Rot-, Türkis- und Goldtönen auf großen Leinwänden – als wollten sie die Luft mit Emotion sättigen. Die 1966 in Münster geborene Künstlerin malt, als läge jedes Pigment direkt auf dem Puls. „Art is where work meets love“, sagt sie, und man spürt sofort: Hier arbeitet eine, die den Blick nicht unterwegs verloren hat. Jahrzehntelang steuerte Schmidt Lastwagen durch Deutschland, organisierte ein eigenes Transportunternehmen, stand kurz vor dem Burn-out. Die Rückkehr zur Malerei wurde kein Hobby, sondern Rettungsinsel – und ist heute ihr Vollzeit-Ozean.
Material, Mut und Metamorphose
Seit 2017 widmet sich Schmidt Tag für Tag der Leinwand, bildet sich in Akademien weiter, experimentiert autodidaktisch, sammelt Impulse bei Kolleginnen und Kollegen. Sie kombiniert Acrylfarbe mit Strukturpasten, Sprühnebel, Schlagmetall oder Oil-Sticks, wechselt mühelos von expressivem Abstrakt zu ruhigen, gegenständlichen Nordsee-Dünen. „Meine Kunst verändert sich, so wie ich mich verändere“, erklärt sie. Genau darin liegt ihr Reiz: Eine Serie kann wild und neon-bunt sein, die nächste in gedeckten Sand- und Blautönen flüstern – doch jede ist zu hundert Prozent authentisch. Das Auge folgt Linien, Schichtungen und Kratzspuren, bis das Herz leise nachzittert. Selten wirkt künstlerischer Prozess so sichtbar: Fehler bleiben stehen, Glückstreffer glitzern unabgeschliffen. Es ist eine Malerei, die ihr Werden nicht verheimlicht – und vielleicht deshalb so nahbar ist.
Aufbruch im zweiten Anlauf
Obwohl sie längst eine konstante Sammlerschaft hat, stellte Schmidt erst 2024 erstmals öffentlich aus – „Kunst überall“ in Neuenkirchen, das Bagno in Steinfurt, eine Rheiner Event-Location. 2025 folgten Stationen von Zürich bis Koblenz, 2026 wartet eine Gruppenschau im Huck-Beifang-Haus. Parallel dazu gibt sie begehrte Malkurse: Unter Tageslichtdecken lernen Teilnehmende, wie Farbe auf Leinwand tanzt, aber auch, wie Stille zwischen Pinselstrichen klingt. Wer zusieht, erkennt: Die ehemalige Raumausstatterin arrangiert nicht nur Räume, sie schafft Erfahrungsräume. Paul Klees Satz „Kunst macht sichtbar“ erhält hier eine persönliche Nuance – Schmidt macht sichtbar, wie man sich selbst neu erfindet, ohne das Kind in sich zu verraten, das einst in Münster den ersten Malkasten öffnete. Ihre Bilder lassen uns nicht einfach schauen; sie lassen uns eindrehen, eintauchen, durchatmen. Und vielleicht entdecken wir dabei, was passiert, wenn Arbeit sich mit Liebe vermischt: Es wird Kunst, die das Herz berührt.
Instagram: @atelier.angelikaschmidt
Website: atelier-emsdetten.de